Vincent van Gogh

Vincent Willem van Gogh
(* 30. März 1853 in Groot-Zundert; † 29. Juli 1890 in Auvers-sur-Oise)
war ein niederländischer Maler und Zeichner; er gilt als einer der Begründer der modernen Malerei.
Nach gegenwärtigem Wissensstand hinterließ er 864 Gemälde und über 1000 Zeichnungen, die allesamt in den letzten zehn Jahren seines Lebens entstanden sind. Sein Hauptwerk, das stilistisch dem Post-Impressionismus zugeordnet wird, übte starken Einfluss auf nachfolgende Künstler aus, vor allem auf die Fauves und die Expressionisten.
Vincent van Gogh hat keinen nennenswerten Unterricht in Malerei erhalten. Seine Kenntnisse und Fähigkeiten erarbeitete er sich autodidaktisch, indem er Bilder von älteren Malern, die er bewunderte, studierte und einige auch kopierte. In den Jahren 1880–1885, die er in Holland bzw. Brüssel verbrachte, waren es zwei Landsleute des 17. Jahrhunderts, die den größten Einfluss auf sein Werk ausübten: Rembrandt und Frans Hals.
Von ihnen übernahm er die Palette der Braun-, Grau- und Schwarztöne, die Helldunkelmalerei, den pastosen Farbauftrag mit den recht groben, sichtbar bleibenden Pinselstrichen, die Vernachlässigung von Bilddetails zugunsten einer desto eindringlicheren Gesamtwirkung. Ausdrücklich bewunderte er, wie diese alten Meister darauf verzichteten, ihre Bilder allzu sehr auszuarbeiten. Inhaltlich bearbeitete er vor allem das Thema, das ihm am meisten am Herzen lag – die Welt der einfachen Menschen. Das ambitionierteste und bekannteste Gemälde aus dieser Periode sind "Die Kartoffelesser" von 1885. Es zeigt eine bäuerliche Familie bei ihrer einfachen Mahlzeit. Nach den Kartoffelessern malte van Gogh nie mehr eine mehrfigurige Komposition, auch verwendete er nie mehr so viel Mühe auf ein einziges Bild. Direkt nachdem er 1885 das Elternhaus ver-lassen hatte, mietete er sich beim Küster der katholischen Gemeinde Nuenens ein Atelier. Neben der Landbevölkerung bei der Arbeit, den Katen der Umgebung und Landschaftsimpressionen, malte er in den folgenden Monaten auch einige Stillleben, darunter "Vase mit Gladiolen" (1886).
Während des dreimonatigen Aufenthaltes in Antwerpen, vor allem aber in den beiden Pariser Jahren 1886 – 1888 war Vincent van Gogh vielfältigen neuen
Eindrücken ausgesetzt. Für seine eigene Arbeit begann eine Phase des Experi-mentierens, die letztlich zu einer grundlegenden Änderung seiner Malweise führen sollte.
In Paris lernte van Gogh den damals aktuellen Kunststil, den Impressionismus, kennen. Unter diesem Eindruck hellte seine vormals dunkle Palette sich auf, und er begann, mit verschiedenen Maltechniken zu experimentieren. Er malte viel im Freien, vor allem in der ländlichen Umgebung von Paris, so am Montmartre und in Asnières. (Im Hintergrund van Goghs "Seinebrücken bei Asnières" 1887)
Auf Dauer aber waren das hektische Großstadtleben und die häufigen Streit-ereien unter den Malern, auch dass man ihm verboten hatte, auf der Straße zu malen, für ihn unerträglich. Er beschloss, die Stadt zu verlassen.
Im Februar 1888 reiste er in das südfranzösische Arles. Van Gogh lebte
zunächst in einer Pension. Im April mietete er ein Atelier im "Gelben Haus",
wo er ab September auch wohnte.
In künstlerischer Hinsicht war der Arleser Aufenthalt besonders produktiv; in sechzehn Monaten schuf van Gogh 187 Gemälde. In Ermangelung von Modellen wandte er sich zunächst der Landschaft zu. Nach der "Brücke von Langlois" malte er im Frühling eine Serie blühender Obstgärten (u.a. "Blühender Pfirsichbaum") und andere Motive aus der Umgebung von Arles. Im Mai machte van Gogh einen mehrtägigen Ausflug nach Saintes-Maries-de-la-Mer, von wo er unter anderem die Skizzen für das später angefertigte Gemälde "Fischerboote am Strand" von Les Saintes-Maries mit nach Hause brachte. Nach einiger Zeit begann van Gogh, Bekanntschaften zu machen, darunter verschiedener Maler, die vorübergehend in der Gegend lebten. Auch zu Arleser Mitbürgern entwickelten sich Kontakte, die sich in Porträts niederschlugen. Von besonderer Bedeutung war die Freund-schaft mit dem Postmeister Joseph Roulin. Van Gogh malte sämtliche Mitglieder der fünf-köpfigen Familie Roulin mehrfach, darunter den Postmeister allein sechsmal. Nachdem im September seine Wohnung fertig möbliert war, konnte van Gogh daran denken, einen lang gehegten Traum zu verwirklichen:
Das Atelier des Südens, in dem Künstler gemeinsam lebten und arbeiteten.
Einzig Paul Gauguin erklärte sich jedoch nach langem Zögern bereit zu kom-men. Um den Kollegen zu beeindrucken und das für ihn gedachte Zimmer auszuschmücken, malte er in kurzer Zeit zahlreiche Bilder, darunter die bekannten "Sonnenblumen" - Bilder.
Vor Gauguins Ankunft klagte van Gogh über gesundheitliche Probleme durch Erschöpfung. Am 23. Oktober traf Gauguin in Arles ein; schon wenig später war die Beziehung der beiden schwierigen Charaktere von Konflikten belastet. Das Zusammenleben endete genau zwei Monate später mit einem nie völlig geklär-ten Vorfall, in dessen Verlauf van Gogh sich nach einem Streit mit Gauguin ei-nen großen Teil seines linken Ohres abgeschnitten haben soll, wie Paul Gauguin berichtete. Dieser kommt allerdings auch selbst als Täter in Betracht. Man fand van Gogh am nächsten Morgen, bewusstlos und geschwächt vom Blutverlust. Die Arteria auricularis posterior wurde nach Vincents Brief vom 7./8. Januar 1889 durchtrennt, welches den beträchtlichen Blutverlust zur Folge hatte.
Der Vorfall gilt als erste Manifestation einer Erkrankung, die damals, wohl fälschlich, als Epilepsie diagnostiziert wurde. Mit wachsender Popularität des Malers stellten Ärzte und Psychologen postum – und ohne abschließendes Ergebnis – anhand von Bildern, Briefen und Aufzeichnungen eine Vielzahl alternativer Diagnosen.
Nach Angaben des Patienten waren die Anfälle verbunden mit Wahnvorstel-lungen, Albträumen sowie Depressionen. Er bekam sie in den ihm verbleibenden eineinhalb Lebensjahren noch mehrmals für Tage oder auch Wochen und sie hinderten ihn am malen. In den Zwischenphasen war er jedoch klar und leis-tungsfähig. Wegen des Blutverlustes wurde er rund zwei Wochen lang im Krankenhaus von Arles behandelt; im Februar 1889 machte ein weiterer Anfall einen erneuten mehrtägigen Krankenhausaufenthalt notwendig.
Kaum entlassen, wurde er aufgrund einer Petition von Bürgern, die sich vor seinem unheimlichen Verhalten fürchteten, wiederum im Hospital interniert. Diese Zwangsinternierung wurde im April aufgehoben.
Da der Maler sich noch nicht zutraute, allein zu leben – möglicherweise auch, um seinen Bruder, der vor kurzem geheiratet hatte, nicht zu sehr zu belasten
(er bestritt seinen Lebensunterhalt überwiegend von der finanziellen Unter-stützung seines Bruders Theo) –, entschied er sich für eine Übersiedelung in
die unweit gelegene Nervenheilanstalt Saint-Paul-de-Mausole in Saint-Rémy-de-Provence, sie befand sich in einem Kloster, einem Augustinerkonvent, ca.
20 km nördlich von Arles.
Eine medizinische Behandlung fand dort nicht statt. Ihm selbst jedoch, war das Malen als Therapie erlaubt, und er begann damit gleich in den ersten Tagen nach seiner Ankunft. Van Gogh war in diese sogenannte Nervenheilanstalt freiwillig eingetreten und daher auch nicht interniert. Nachdem er zu Anfang in den schützenden Klostermauern verblieb und darin seine Motive suchte und fand, wie etliche Gemälde bezeugen, betätigte er sich im Laufe der Zeit als eine Art Handwerkermönch, er verlies das Kloster und machte Ausflüge in dessen Umgebung um dort die neu erschlossenen Motive auf seine Leinwände zu bannen.
Eines der Motive aus dieser Umgebung ist "Grünes Weizenfeld mit Zypresse" (1889).

Von Delacroix (der u.a. viel mit dem Komplementärkontrast arbeitete) über Rembrandt, den unvermeidlichen Millet, z.B. mit "Der Schnitter", Daumier und Gustave Doré bis
zu Gaugin und, bei aller Bescheidenheit auch einmal zu sich selbst, zieht sich der Reigen an Vorbildern, die van Gogh in in Saint - Rémy Revue passieren lässt. Meist liegen ihm Drucke vor, Blätter aus der von seinem Bruder Theo in Paris, der als Kunsthändler tätig war, auf Vincents Betreiben hin angelegten Sammlung. Durch van Goghs Hand entstehen jedoch keine Kopien dieser Werke, vielmehr ganz eigenständige Gemälde, deren kompositionelle und thematische Beson-derheit zwar nicht individueller Setzung, aber eben individueller Auswahl ent-sprechen.
Im Mai 1890 kehrte van Gogh für einige Tage nach Paris zurück. Gesund und kräftig sah er aus, war ganz blühendes Leben und beileibe nicht so eingefallen und rachitisch wie sein Bruder Theo. Drei Tage intensiver Anteilnahme am Kunstgeschehen in der Metropole schlossen sich nun an, es war als lebten die alten Gewohnheiten des hauptstädtischen Flaneurs wieder auf. Die Freunde besuchten ihn in der Wohnung des Bruders und zunehmend auch Verehrer.
Er sah zum ersten Mal einen Großteil seiner Bilderproduktion, die er jeweils bald nach der Fertigstellung und Trocknung zu seinem Bruder nach Paris schickte, damit er sie irgendwann verkaufen sollte. Jetzt konnte er das frühe mit dem späten Werk vergleichen und hielt in Händen, was bisher nur der nebulöse Besitz des Gedächtnisses geblieben war.
Vincent verlebte eine Zeit, in der er nicht zu Pinsel oder Feder griff. Diesen Zustand hielt er jedoch nicht lange durch, so dass er sich am 20. Mai 1890
in Richtung Auvers-Sur-Oise davon stahl. Seinem neuen Sehnsuchtsort im Norden, fast noch an der Peripherie von Paris, gab sich dieses Dorf an der Oise schon so ländlich, wie der zurückgebliebene Süden.
Hier konnte er in Augenschein nehmen, was er im Süden mühsam memoriert hatte. Sofort machte er sich daran Hütten und Häuser zu malen. Geradezu manisch nimmt er sich dieses eine Motiv immer wieder vor und gewinnt seinem bescheidenen Dasein immer neue Facetten ab.
Eines der vielen Bilder aus dieser Serie ist "Das weiße Haus bei Nacht".
Im Verlauf gehören auch wieder Porträts und Stillleben zu seinen Motiven, u.a. "Vase mit Blumen und Disteln", aber auch "Vase mit Kornblumen und Klatschmohn".
Vieles spricht dafür, das van Gogh sich wieder der Vorstellungswelt verschrieben hatte, die ihn bei der Ausgestaltung des gelben Hauses vor Gaugins Ankunft umgetrieben hatte; Dekoration wurde wieder zur Prämisse seines Schaffens.
Er ging dem Plan nach, ein Haus zu gestalten, welches zum Ort gemeinsam verbrachter Wochenenden mit Theos Familie werden sollte.
Doch so weit sollte es leider nicht kommen, am Abend des 27. Juli 1890 schleppte sich ein schwerverletzter van Gogh die Treppen von Ravoux' Gasthaus zu seiner Stube hoch. Niemand weiß genau, woher er den Revolver hatte, keiner auch, an welchem Ort er sich die tödliche Wunde beibrachte. Man geht jedoch davon aus, dass van Gogh Hand an sich gelegt und sich mitten in die Brust getroffen hatte. Am Morgen des 28. Juli verstarb er, im Beisein seines Bruders Theo und seines Freundes Dr. Gachet. Er war den Folgen seiner Erkrankung,
dem Kampf mit seinen inneren Dämonen letztlich erlegen.
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